Constanze Günther leitet seit Kurzem die Produktion von Zell- und Gentherapien in Stein

14. Oktober 2020

Constanze, Du bist seit Juni Werksleiterin der Produktion von Zell- und Gentherapien am Standort Stein. Was sind Deine Eindrücke aus den ersten Monaten?

Stein wirkt wie ein Campus, der seiner Zeit voraus ist. Die gelungene Integration nicht nur von den unterschiedlichen Novartis Produktionsbereichen, sondern auch von verschiedenen Drittfirmen wird hier bereits gelebt und stark vorangetrieben. Weiter spüre ich in Stein den Kulturwandel, der überall in unserer Firma greift. Vor Ort und gerade innerhalb der Produktion, die traditionell eher hierarchisch organisiert war, macht sich dieser Wandel besonders bemerkbar. Im Werk für Zell- und Gentherapien, das im doppelten Sinn sehr jung ist, leben wir diese «unbossed»-Kultur an sehr vielen Orten. Sie ist ein unglaublich starker Antrieb, den wir nicht nur bei Novartis, sondern in der ganzen Schweiz brauchen, um unseren Spitzenplatz in puncto Innovation zu halten.

Du warst zuvor im Bereich biologischer Wirkstoffe tätig. Inwiefern unterscheiden sich die neuartigen Zell- und Gentherapien von bekannten Behandlungen?

Gemeinsamkeiten sind die Innovation, das sehr spannende Umfeld aus technischer sowie wissenschaftlicher Sicht sowie das immense Potenzial, Patienten mit verschiedenen, oft lebensbedrohlichen Krankheiten zu helfen. Hier hat sich in Jahrzehnten gewissenhafter Forschung unendlich viel getan. Wir können mittlerweile Menschen Hoffnung bieten, für die es vor wenigen Jahren keine Aussicht auf Heilung oder ein gesundes Leben mehr gab.

Ein grosser Unterschied ist demgegenüber die immense Nähe zum Patienten, zu den Spitälern und Ärzten, die wir im Bereich Zell- und Gentherapie haben. Aus dem bekannten «make to stock» - also der massenhaften Herstellung von Produkten auf Lager – wird «make to order» - die Herstellung eines Produktes auf Bestellung. Wir bereiten beispielsweise bei bestimmten Blutkrebsindikationen die Blutzellen eines Patienten bei uns in Stein auf und verändern sie genetisch derart, dass sie nach erfolgter Transfusion im Körper desselben Patienten den Blutkrebs aktiv bekämpfen können. Wir arbeiten tagtäglich mit dem Wissen, dass wir mit jedem Beutel quasi das Leben eines Patienten in der Hand halten. Das ist eine sehr grosse Herausforderung, die unserer Arbeit einen noch tieferen Sinn gibt. Zu guter Letzt bricht mit diesen neuartigen Therapien auch das nächste Kapitel in der Geschichte der Medizin an: Zell- und Gentherapien haben das Potenzial, Krankheiten nach Verabreichung von nur einer Dosis zu besiegen, da wir die Ursache statt Symptome bekämpfen. Doch auch hier bleibt noch viel zu tun: Zell- und Gentherapien sind in der Prozess-, Verfahrens- und Analysetechnik noch nicht so weit entwickelt und standardisiert wie die Biotechnologie.

Constanze Günther bei einem Meeting mit Kollegen in Stein
Constanze Günther bei einem Meeting mit Kollegen in Stein

Aus Stein als globalem Schlüsselstandort für innovative Therapien und Medikamente kommen nicht nur neuartige Zell- und Gentherapien. Welche weiteren medizinischen Innovationen kommen aus Stein?

Im selben Gebäude wie die Zell- und Gentherapie befinden sich moderne Produktionsmodule für Tabletten und Kapseln, die erst kürzlich in Betrieb genommen wurden. Hier wurden seit Produktionsaufnahme in nur zwei Jahren drei neue Medikamente lanciert, die gegen Brustkrebs, Morbus Cushing oder Multiple Sklerose eingesetzt werden. Der Fokus liegt dabei auf schwierig herzustellenden, hochaktiven Medikamenten in kleinen Volumen. Darüber hinaus verfügen wir über eine jahrzehntelang etablierte Sterilproduktion, die sich auf komplexe Biotech-Medikamente auf Basis grosser Moleküle konzentriert. Hier leisten wir etwa Pionierarbeit im Bereich der Autoinjektoren, die zum Beispiel chronisch Kranken ermöglichen, sich selbst regelmässig das Medikament selbst zu injizieren, was manchen Gang zum Arzt ersparen kann. Auch hier haben wir in den letzten zwei Jahren drei neue Produkte eingeführt, die unter anderem gegen Altersblindheit (AMD), Sichelzellanämie oder Multiple Sklerose verabreicht werden.

Worauf werden die Schwerpunkte des Werks für Zell- und Gentherapie in den kommenden Monaten liegen?

Nach einer sehr erfolgreichen, rund zweijährigen Projektphase dürfen wir seit Kurzem CAR-T-Therapien kommerziell für Patienten in der Schweiz und der Europäischen Union herstellen. Nun konzentrieren wir uns darauf, den noch jungen Prozess so zu verbessern, damit wir durch höhere Kapazität künftig wesentlich mehr Betroffene mit Zell- und Gentherapien versorgen können. Dazu zählt die Automatisierung des Produktionsprozesses sowie des Herstellprozesses für die Nährlösungen, in denen wir die Zellen von Patienten individuell kultivieren.

Wo siehst Du den Standort Stein in fünf Jahren?

Stein war und ist weltweit einer der wichtigsten Produktionsstandorte für Novartis und diente stets als Projektionsfläche und Inkubator für Innovationen und die Weiterentwicklung der Firma. Dies wird sich auch in der Zukunft fortsetzen: Dank unserer Produktion von Zell- und Gentherapien sowie die Etablierung weiterer innovativer Medikamente sind wir ein Innovation Hub, das in der Region verlässlich Arbeitsplätze bietet. Dies haben wir nicht zuletzt gezeigt, indem wir Mitarbeitende aus bestehenden Produktionszweigen umgeschult und weitergebildet haben, um Erfahrung und Wissen zu bewahren. In meinen Augen wird Stein auch weiterhin zuverlässig hochqualitative Produkte liefern und existenziell am Launch neuer Produkte beteiligt sein.

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